VG Düsseldorf stuft E-Zigarette als Funktionsarzneimittel ein
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am 10. Oktober 2012 (Az.: 16 K 2585/12), im Rahmen einer Klage eines von uns rechtlich vertretenen Einzelhändlers für E-Zigaretten gegen eine Untersagungsverfügung einer Stadt in NRW, hinsichtlich der Verkaufs von nikotinhaltigen Lösungen (sog. Liquids) entscheiden, dass es sich bei nikotinhaltigen Liquids durch die Verwendung mit der E-Zigarette um ein sog. Funktionsarzneimittel handelt.
Durch dieses Urteil widerspricht das VG Düsseldorf der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgericht Münster. Dieses hatte durch Beschluss vom 23.04.2012 (Az.: 13 B 127/12) entschieden, dass das nikotinhaltige Liquid für E-Zigaretten nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einstufung als Arzneimittel erfülle, da nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund stehe und somit die E-Zigarette hat keine therapeutische Zweckbestimmung habe. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil des VG Düsseldorf haben wir, die die Rechtsauffassung des OVG teilen, bereits Berufung eingelegt.
Urteilsbegründung des VG Düsseldorf im Detail: Das VG Düsseldorf führt aus, dass E-Zigaretten zwar nicht zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt seien, sondern in erster Linie als Genussmittel dienen und somit nicht dem Arzneimittelbegriff nach § 2 Abs. 1, 1. Alt. AMG unterfallen würden. Jedoch handle es sich bei E-Zigaretten um Funktionsarzneimittel im Sinne der 2. Alternative des § 2 Abs. 1 AMG. Nach dieser Norm, muss das Produkt, um als Funktionsarzneimittel eingeordnet zu werden, die menschlichen Funktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische Wirkung beeinflussen. Nikotin wirkt pharmakologisch, da dieser Stoff sich nennenswert auf den Stoffwechsel auswirkt und somit die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers beeinflusst. Nach Auffassung des Gerichts sei dies auch bei der Inhalation von nikotinhaltigen Liquids durch E-Zigaretten der Fall. Insbesondere sei bei dem vom Kläger vertriebenen Liquides der Stufe mittel (10 mg Nikotin) oder hoch (15 mg Nikotin) die Erheblichkeitsschwelle bzgl. der pharmakologischen Wirkung, die zum Ausschluss aus dem Arzneimittelbegriff führen kann, nicht unterschritten.
Ferner sei bei der Beurteilung, ob ein Funktionsarzneimittel vorliegt, nicht allein auf die pharmakologische Wirkung abzustellen, sondern auch darauf, zu welchen Zwecken das Mittel geeignet ist. Demnach rechtfertige die objektive Eignung eines Mittels für den Einsatz zu Therapiezwecken die Einordnung als Funktionsarzneimittel, unabhängig davon, ob es nach dem Willen des Herstellers oder des Vertreibers darauf ankomme, da es im Rahmen des Arzneimittelbegriffs nach § 2 Abs. 1 2. Alt. AMG einzig auf objektive Kriterien ankomme. Bei den nikotinhaltigen Liquids seien diese Voraussetzungen erfüllt, da der inhalierte Stoff objektiv geeignet sei, zu arzneilichen Zwecken verwendet zu werden. Denn die Liquids können zur Minderung von Entzugssymptomen bei Nikotinsucht angewendet werden.
Als Substitution zur Zigarette, die weitere den Körper belastende Stoffe enthalte, würden durch die E-Zigarette krankhafte Beschwerden gelindert. Im Übrigen werde die pharmakologische Wirkung des Nikotins zielgerichtet ausgelöst. E-Zigaretten würden nicht nur wegen Ihres Geschmacks verwendet, sondern vielmehr solle das Verlangen des Verwenders nach Nikotin befriedigt werden und die vom Nikotinkonsum ausgehende nervenberuhigende und gehirnanregende Wirkung erzielt werden. Somit liege eine Zweckbestimmung im Sinne des § 2 Abs. 1 2. Alt. AMG („um…zu beeinflussen“) vor.
Abschließend führt das VG aus, dass aus dem Umstand, dass “normale“ Zigaretten gemäß der ausdrückliche Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG keine Arzneimittel sind, nicht geschlossen werden kann, dass E-Zigaretten keine (Funktions-)Arzneimittel sind. Die Ausnahmeregelung verdeutliche vielmehr, dass Tabakerzeugnisse ohne die Existenz von § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG grundsätzlich als Arzneimittel einzustufen wären.
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