Der Dermatologe als Kosmetiker

Kann der Dermatologe als Kosmetiker in eigener Praxis tätig werden oder sich an einem solchen Kosmetikgeschäft in zulässiger Weise beteiligen?

Eine aktuelle Frage, denn immer häufiger in Hautarztpraxen anzutreffen sind mittlerweile Angebote im kosmetischen Bereich, die sich nicht auf dermatologische Kosmetik beschränken, sondern reine Schönheitsaspekte ohne medizinische Indizierung verfolgen. Kosmetiker(innen) bieten dabei in den Räumen der Arztpraxis ihre Beratungsdienstleistungen nebst dazugehörigen Kosmetikprodukten an. Der Patient kann so neben der gewünschten ärztlichen Behandlung in vielen Fällen unmittelbar in den gewerblichen Bereich des Kosmetikgeschäftes geführt werden und weitere kostenpflichtige Leistungen in Anspruch nehmen.

Zum Teil vom Patienten bewusst in Kauf genommen, bereiten solche Verbindungen zwischen Hautarztpraxis und Kosmetikgeschäft immer dann berufsrechtliche Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn der Bereich der ärztlichen Tätigkeit und der gewerblichen Tätigkeit aus Sicht der Patienten nicht mehr klar getrennt werden kann und zu sehr verwässert wird. Der Arzt somit in unzulässiger Weise eine Verbindung zum gewerblichen Bereich des Kosmetikgeschäftes herstellt. Ob es sich um eine zulässige Verbindung der ärztlichen Praxis und des gewerblichen Kosmetikgeschäfts handelt, muss in jedem Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung u.a. anhand der Gegebenheiten vor Ort überprüft werden. Im Folgenden werden einzelne Kriterien dargestellt, die zwar nicht abschließend sind, zur Beurteilung der Abgrenzung jedoch als Grundlage herangezogen werden können. Das gewählte Beispiel des Dermatologen als Kosmetiker kann auch auf andere Bereiche übertragen werden, so z.B. auf Fälle des Vertragsarztes mit angeschlossener Ernährungsberatung mit Verkauf von Nahrungsergänzungsmittel o.ä..

 

Abgrenzungsgrundsatz

Der Arzt ist gemäß seiner Berufsordnung und des Heilberufsgesetzes dazu verpflichtet, seine freiberufliche ärztliche Tätigkeit gewissenhaft auszuüben. Nach der Berufsordnung ist die ärztliche Tätigkeit im Grundsatz keine gewerbliche Tätigkeit und darf auch nicht mit gewerblichen Tätigkeiten des Arztes so vermischt werden, dass die Regelungen der Berufsordnung verletzt werden. Vor dem Hintergrund der Vermeidung einer Kommerzialisierung des Arztberufes und dem Schutz der Gesundheit der Patienten ist der Arzt unter Beachtung der o.g. Grundsätze jedoch befugt, sich trotz seiner Tätigkeit als Arzt auch gewerblich auf dem Gebiet des Heilwesens zu betätigen, da der Gesetzgeber dies nicht explizit ausgeschlossen hat. Solange der niedergelassene Arzt seinem Heilauftrag also gerecht wird und sich dabei nicht von kommerziellen Interessen leiten lässt, kann auch eine gewerbliche Tätigkeit bzw. Beteiligung an einer Gesellschaft auf dem Gebiet des Heilwesens durch den Arzt erfolgen. Dies wäre in der Regel dann zulässig, wenn die ärztliche Berufsausübung mit der gewerblichen Tätigkeit in räumlicher, (steuer-) rechtlicher, organisatorischer, personeller, zeitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht eine ausreichende Unterscheidung aufweist. Eine zum Teil unvermeidbar auftretende Verquickung dieser beiden Tätigkeiten macht es zwingend erforderlich, dass die Gesamtumstände eine ausreichenden Trennung zum Schutz der Gesundheit des Patienten aufweisen, die anhand folgender Grundsätze erreicht werden kann:

 

Räumliche Trennung

Eine strikte räumliche Trennung ist nicht zwingend erforderlich. Gleichwohl müssen die organisatorischen Einrichtungen der Praxis so gefasst werden, dass der Patient die Trennung der gewerblichen und ärztlichen Tätigkeit unmittelbar erkennen und deuten kann. Formen der Untervermietung oder einer sonstigen Überlassung der Räumlichkeiten durch den Arzt an die Kosmetikgesellschaft bzw. von der Kosmetikgesellschaft an den Arzt sind daher grundsätzlich möglich. Der Patient muss jedoch immer in der Lage sein zu erkennen, wann er die Arztpraxis „verlässt“ und in den gewerblichen Teil des Kosmetikbereiches „eintritt“. 

 

Rechtliche Trennung

Die ärztliche und gewerbliche Tätigkeit muss vom Arzt auch rechtlich getrennt werden. Ein ausreichende Trennung ist gewährleistet, sofern die ärztliche Tätigkeit als Einzelpraxis ausgeübt wird und die gewerbliche Tätigkeit des Kosmetikgeschäfts durch z.B. eine GmbH oder GbR erfolgt. Einer rechtlichen Trennung ist somit genüge getan, wenn die gewerbliche und ärztliche Tätigkeiten durch unterschiedliche Gesellschaften erbracht werden. Auch eine steuerrechtliche Verbindung sollte zwischen den Tätigkeiten ausgeschlossen werden. Eine Einzelperson (Einzelpraxis) kann grundsätzlich neben den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, die jeweils getrennt ermittelt werden. Eine Gefahr der sog. „Infizierung“ der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit besteht dem Grundsatz jedoch nur bei Gemeinschaftspraxen.

 

Organisatorische Trennung

Bei der organisatorischen Trennung ist der Grundsatz zu beachten, dass der Patient umgehend erkennen kann, ob er sich in der Arztpraxis oder in den gewerblichen Bereich der Gesellschaft begibt. Die gemeinsame Ausführung beider Tätigkeiten, bei der der Patient nicht genau trennen kann, sollte daher dringend vermieden werden. So sollte z.B. die unkommentierte Weiterleitung von Patienten durch den Arzt in den gewerblichen Bereich des Kosmetikgeschäftes grundsätzlich ausgeschlossen sein. Die organisatorische Trennung beginnt mit einer deutlichen Unterscheidung zwischen der Einzelpraxis und der Gesellschaft, dies bereits bei der Beschilderung im Eingangsbereich, bei Außen- und Innentüren, im Empfangsbereich und Empfangstresen und den Untersuchungsräumen. Sich teilweise überschneidende Bereiche führen dagegen nicht zwangsläufig zu einer Unzulässigkeit, dies sollte z.B. die gemeinsame Benutzung der Toiletten, des Briefkasten etc. betreffen.

 

Personelle Trennung

Auch die personelle Trennung als weiteres Kriterium gilt es heranzuziehen, wobei die gleichzeitige Einbindung von Personal in der Einzelpraxis als auch in der Gesellschaft in sich ggf. überschneidenden Einsatzbereichen vermieden werden sollte. Eine klare Abgrenzung bei der vertraglichen Gestaltung der Arbeitsverträge sowie der konkreten steuerlichen Bewertung sichert einen im Sinne der Berufsordnung rechtmäßigen Einsatz des Personals. Ein generelles Verbot der Verbindung der Personalbereiche der Praxis und der Gesellschaft kann jedoch auch nicht angenommen werden, es kommt wie so häufig auf den Einzelfall und seinen tatsächlichen Umständen an.

 

Zeitliche und wirtschaftliche Trennung

Eine abschließend strenge Unterscheidung und Abgrenzung der Öffnungszeiten ist ebenfalls nicht grundsätzlich erforderlich. Dies gilt jedenfalls dann, sofern der niedergelassenen Arzt neben seiner ärztlicher Tätigkeit auch nicht parallel in dem Kosmetikgeschäft tätig wird. Ein abschließender wichtiger Punkt ist eine saubere wirtschaftliche Trennung der ärztlichen und gewerblichen Tätigkeiten. Eine Beteiligungsgrenze der Höhe nach an einer gewerblichen Tätigkeit gibt es für den Arzt grundsätzlich nicht. Der niedergelassene Arzt hat jedoch sorgfältig darauf zu achten, dass alle wirtschaftlich relevanten Vorgänge (wie z.B. Personaleinteilung, Gewinnermittlung, Buchführung, Lohn, Kasse etc.) zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen immer nachvollziehbar und trennbar erfasst werden und keine Vermischung zwischen der Einzelpraxis und der Gesellschaft bzgl. der genannten Bereiche erfolgt. Im Fall einer unzulässigen Verbindung drohen dem Arzt berufsrechtliche, wettbewerbsrechtliche, zivilrechtliche und ggf. strafrechtliche Inanspruchnahmen. Eine sorgfältige Überprüfung der Verbindung der eigenen Praxis mit einer Kooperation / Beteiligung an einem Kosmetikgeschäftes in den selben Räumen in daher dringend geboten.  

 

Tim Reichelt Fachanwalt für Arbeitsrecht Gewerblicher Rechtsschutz

Tim Reichelt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Gewerblicher Rechtsschutz

 

Posted in
Schlagwörter