Bundesverfassungsgericht erweitert das Werberecht für Ärzte / Zahnärzte
Mit seiner Entscheidung vom 1.6.2011 (Az.:1 BvR 233/10 + 1 BvR 235/10) hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte der Zahnärzte in ihren Werbemaßnahmen umfassend gestärkt und mit dieser Entscheidung gezeigt, dass die zeitlichen Veränderungen im Internet sowie sonstigen Werbemaßnahmen immer der heutigen Zeit angepasst werden können. Entscheidend sind dem Urteil nach nicht pauschale Aussagen gewisse Werbemaßnahmen seien unzulässig, sondern vielmehr steht jeweils eine Abwägung vorab, ob das Allgemeinwohl des Adressaten (Patienten) kreises nachteilig beeinflusst werden kann und / oder schützenswerte Allgemeininteressen berührt werden. In Kürze zu dem o.g. vom BVerfG zu entscheidenden Fall: Ein Zahnarzt hatte auf seiner Praxishomepage die Abbildung eines sog. Digitalen Volumentomographs mit Angabe des Herstellernamens veröffentlicht. Man gelangte zudem über diese Seite über ein Pop-Up-Fenster zu einem vom Zahnarzt betriebenen Verlag, in welchem der User die Möglichkeit zum Erwerb von Fachliteratur in einem Online-Shop hatte. Die Kammer beanstandete zudem eine Zeitungsannonce des Zahnarztes, in welcher er neben der Praxis auch für den Fachverlag sowie sein zahntechnisches Labor gemeinsam nebeneinander geworben worden hatte. Abschließend beanstandete die Kammer die vom Zahnarzt im Rahmen einer Ausstellung für Besucher am Werbestand bereit gelegten Verlosungskarten. Auf der Rückseite hatte der Zahnarzt Interessierten die Möglichkeit gegeben, mittels Verlosung Gutscheine für Zahnbürsten, Zahnreinigung, Bleaching, Patientenratgeber zu gewinnen. Die Kammer, die den Zahnarzt nach berufsgerichtlichem Verfahren Geldstrafen auferlegte hatte erhielt auch im Rahmen der Klageverfahren in 1. und 2. Instanz zunächst Recht. Das BVerfG wies die Begründungen der Vorinstanzen in nahezu allen hier gegenständlichen berufsrechtlichen Fragestellungen des Zahnarztes nunmehr zurück: Wichtigste und insoweit auch neue und klare Entscheidung / Richtlinie des BverfG ist die Feststellung, dass nicht die Art des Werbeträgers bzw. aus der Form des Werbeträgers hervorgeht, ob eine berufswidrige Werbung pauschal festgestellt werden kann. Vielmehr unterliegen die unterschiedlichen Werbeträger zeitlichen bedingten Veränderungen, die es zum Zeitpunkt der jeweiligen berufsrechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu berücksichtigen gilt. So entschied das BverfG, dass die Verlosung von Zahnbürsten, Ratgebern und auch Gutscheinen für professionelle Zahnreinigungen grundsätzlich nicht berufswidrig sind und somit als Werbemittel für den Zahnarzt zur Verfügung steht. Lediglich in Bezug auf die Verlosung von Gutscheinen für das Bleaching wies das Gericht darauf hin, dass in diesem Fall ggf. eine Verletzung von schutzwürdigen Interessen des Adressatenkreises vorliegen könnte. Dies mit der Begründung, dass hier ein nicht unerheblicher Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten vorliegen könnte und dieser aufgrund des Gutscheins und der Kostenfreiheit / Vergünstigung der Behandlung erheblicher Druck zur Vornahme der Behandlung ausgeübt werden ungeachtet möglicher Risiken. Eine pauschale Untersagung wegen Berufswidrigkeit in dieser Fragestellung erteilte das BverfG jedoch auch hier nicht. Es zeigt sich damit einmal mehr, dass es sich aus Sicht der Arztes lohnt, die Vorgaben und Richtlinien der Kammern in diesen häufig nicht einfach zu beurteilenden werberechtlichen Fragestellungen nicht unwidersprochen hinzunehmen.
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