Änderung Gründungszuschuss § 93 Abs. 1 SGB III

Die Änderungen der Voraussetzungen des Gründungszuschusses zum Jahreswechsel 2011 / 2012 haben diese Vorschrift § 93 Abs. 1 SGB III (§§ 57, 58 SGB III a.F.) von einer SOLL in eine KANN Leistungsverpflichtung der Bundesagentur für Arbeit gemacht. Damit steht der Behörde bei jeder Einzelfallentscheidung über die Bewilligung ein sog. Ermessen zu, ob es dem Antragenden den Gründungszuschuss gewähren möchte oder nicht.

Vielerorts war zu lesen, dass die Antragsbewilligungen des Gründungszuschuss nur noch knapp 10 % beträgt, wobei vor der Gesetzesänderung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Antrag gewährt werden musste. Nunmehr sind uns Ablehnungen als auch Bewilligungen des Gründungszuschusses bekannt, in denen sich Ärzte als Existenzgründer niederlassen möchten.

Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III vor, stellt sich somit nunmehr die Frage, unter welchen Bedingungen die Behörde die Anträge noch zurückweisen darf. Eine klare Richtlinie ist dabei derzeit noch nicht zu erkennen, denn auch die laufenden Verfahren weisen nicht selten unterschiedliche Grundsätze in den Entscheidungen der Behörden auf. Damit stellte sich nun in vielen Widersprüchen und mittlerweile auch anhängigen Klageverfahren die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Behörde ihr Ermessen auszuüben hat bzw. in welchem Rahmen sie es ausüben darf.

Viele uns bekannte Ablehnungsantworten der Agenturen für Arbeit von Existenzgründern laute, dass der Antragende „gut vermittelbar“ sei und daher der Vermittlungsvorrang greife. Somit also eine Vermittlung nach Ansicht der Behörde große Aussicht auf Erfolg bietet und daher einer Bewilligung des Gründungszuschusses Vorrang genießt.

Nunmehr hat erstmals ein Gericht Ausführungen zu grundlegenden Fragen machen können: Das SG Mannheim hat auszugsweise mit seinem Urteil vom 23.08.2012 (Az.: S 14 AL 2139/12) folgende Einschätzungen gegeben: Im Kern bestätigt das Gericht, dass in jedem Einzelfall, bei dem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III vorliegen, eine Ermessensentscheidung zu treffen ist und führt weiter zu den einzelnen Ermessensentscheidungen und dem Vorliegen eines Ermessensfehlers aus. Insbesondere hat die Behörde kein Ermessen, sondern hat ein pflichtgemäßes, d.h. rechtlich gebundenes Ermessen (§ 39 SGB I) und sei insoweit nur auf sogenannte Ermessensfehler hin vom Gericht überprüfbar. Die Behörde habe somit in jedem Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden, warum gerade in diesem Einzelfall z.B: eine besonders gute Vermittlungsprognose des Antragenden vorliegen würde. Eine pauschale Ablehnung beispielsweise bestimmter Berufsgruppen ist damit nicht vereinbar. So bestätigt das Gericht vermeintlich auch die Einlassung der Beklagten selbst, dass der Gesetzgeber derzeit trotz der Änderungen immer noch eine „quasi“ Pflichtleistung geregelt habe, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III vorliegen. Somit seien Ausnahmen von einer Bewilligung nur dann denkbar, wenn der Gründungszuschuss nicht zur Absicherung des Lebensunterhaltes und zur sozialen Absicherung erforderlich sei, da die geplante Tätigkeit ein hohen Gewinn erwarten lässt.

Der in dem Verfahren vor dem SG Mannheim klagende Golflehrer hat mit seiner Klage auf Bewilligung des Gründungszuschusses Erfolg gehabt. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Behörde in Berufung gehen wird bzw. bereits gegangen ist. Dies letztlich auch um weitere klarstellende ggf. sogar zukünftig höchstrichterliche Rechtsprechung zu den offenen Fragen des § 93 SGB III zu bekommen. 

 

Tim Reichelt Fachanwalt für Arbeitsrecht Gewerblicher Rechtsschutz

Tim Reichelt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Gewerblicher Rechtsschutz

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